11.03.2025 – Redaktion
Vom Behelfsheim zum Zuhause
Ley-Bude – Fotografien erzählen Geschichten
Die Fotografen Enver Hirsch und Philipp Meuser bei der Eröffnung der Fotoausstellung. Foto: FLMK
Ehestorf – Wie aus einem Provisorium ein Zuhause wurde, das zeigt die neue Fotoausstellung „Ley-Bude“ im Freilichtmuseum am Kiekeberg. Gäste aus Kultur, Politik und Gesellschaft besuchten die Eröffnung am Freitag, dem 7. März. Einige kannten die „Ley-Buden“ noch aus eigener Erfahrung. Die Hamburger Fotografen Enver Hirsch und Philipp Meuser haben mit ihren 30 Aufnahmen dokumentiert, wie sich die kleinen Behelfsheime aus dem Zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte wandelten. Die Fotoausstellung ist noch bis Sonntag, dem 6. Juli zu den regulären Öffnungszeiten – dienstags bis freitags 9.00 bis 17.00 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen 10.00 bis 18.00 Uhr im Hauptgebäude des Museums zu sehen. Der Eintritt beträgt 11 Euro, für Personen unter 18 Jahren ist der Besuch kostenlos.
Die „Ley-Buden“ entstanden zwischen 1943 und 1945 als Notlösungen von den Nationalsozialisten für Familien, die aus Städten wie Hamburg ausgebombt wurden. Gerade einmal 20 Quadratmeter groß, waren sie für bis zu sechs Personen gedacht. Einige dieser einfachen Hütten stehen noch heute, oft umgebaut und als Wochenendhäuser genutzt. „Noch vor wenigen Jahrzehnten hätte man solchen Gebäuden keine museale Bedeutung beigemessen. Heute erkennen wir ihren Wert als Zeugnisse der Geschichte“, erklärt Museumsdirektor Stefan Zimmermann. Die Fotoausstellung zeigt den Wandel dieser Unterkünfte. Dr. Malte Jörn Krafft, stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrats des Freilichtmuseums, ergänzt: „Die Aufnahmen fangen nicht nur bauliche Veränderungen ein, sondern erzählen Geschichten von Begegnungen und Erinnerungen. Sie laden dazu ein, über eine nicht selbstverständliche Zukunft in Frieden nachzudenken.“
Chris Stölting, Abteilungsleiter Wissenschaft, Ausstellung & Sammlung am Kiekeberg, betont: „Die Fotoausstellung gibt einmalige Einblicke in die Weiternutzung der ehemaligen Behelfsheime. Gleichzeitig ermöglicht sie einen Blick hinter die Kulissen unserer Museumsarbeit.“ Ende Mai eröffnet das Museum zudem eine originale „Ley-Bude“ mit einer Dauerausstellung zur Zeit des Nationalsozialismus im Landkreis Harburg. Seine Kollegin Anne Herrgesell ergänzt: „Unser Museum schließt mit der ‚Ley-Bude‘ eine Lücke in der Geschichtsvermittlung. Wir wollen zeigen, wie sich das Leben im Landkreis unter dem Nationalsozialismus veränderte und welche Spuren diese Zeit hinterlassen hat.“ Wie viele „Ley-Buden“ im Landkreis Harburg gebaut wurden, lässt sich nicht genau rekonstruieren. Sicher sei nur, dass der Landkreis im Jahr 1944 die Anzahl 1.000 Behelfsheime zugewiesen bekam.
Die Fotografen Enver Hirsch und Philipp Meuser gaben spannende Einblicke in ihre Arbeit. „Das Projekt kam zu uns, es hat uns gefunden“, sagt Philipp Meuser. „Wir wollten herausfinden, was es direkt vor unserer Haustür zu entdecken gibt.“ Die Bilder entstanden auf analogem Film mit einer Großformatkamera. „Das verlangsamte zwar unseren Arbeitsprozess, aber so konnten wir beide einmal hinter die Kamera treten. Wer welches Bild gemacht hat, wissen wir selbst nicht mehr“, ergänzt Enver Hirsch. „Die Innenaufnahmen haben wir nur in Behelfsheimen in Hamburg fotografiert, die vor dem Abriss standen. Alle Häuser, die hier von innen zu sehen sind, gibt es also heute schon nicht mehr“, so Hirsch. Ihr Bildband „Behelfsheim“ ist mit selbstgefertigtem Siebdruck-Einband auf altem Buchbindermaterial erhältlich im Museumsladen, unter behelfsheim.com und im Buchhandel (ISBN 978-3-00-065630-9).
Die Fotoausstellung „Ley-Bude“ ist bis zum 6. Juli im Freilichtmuseum am Kiekeberg zu sehen. Sie dient als Einführung zur originalen „Ley-Bude“, die Ende Mai eröffnet wird. Dort gibt eine Dauerausstellung Einblicke in das Leben in der Region während des Nationalsozialismus.
Am Eröffnungswochenende vom 30. Mai bis 1. Juni findet im Museum die Veranstaltung „1945. Der erste Sommer im Frieden“ statt. Rund 60 Darsteller veranschaulichen das Ankommen von Geflüchteten, die ersten Schritte des Wiederaufbaus und die Rolle der britischen Besatzungsmacht.